Die Probleme der Geldverteilung bei kapitalistischer Wirtschaftsweise
sind weder neu, noch eine Besonderheit eines Landes. Sie hatten schon in
der Mitte des 19. Jahrhunderts Karl Marx inspiriert das kommunistische
Manifest zu verfassen und später seine Theorien ausführlicher
aufzuschreiben. Die Streitfrage, wieviel Sozialisierung und wieviel Privatisierung
angemessen wäre, war schon damals sehr aktuell gewesen. Die Grunderkenntnis
von Karl Marx, dass das Kapital die Eigenschaft hat, sich zu akkumulieren,
liess sich nicht widerlegen. Dies gelang auch nicht durch die klassischen
Nationalökonomen. Ihre Theorie, nach der sich die Preise durch Angebot
und Nachfrage bilden sollten, ist freilich auch nicht zu widerlegen, wenn
man Versorgungsmangel verhindern möchte. Diese Theorie wird jedoch
erweitert auf andere Bereiche. So sagen die klassischen Nationalökonomen,
wenn die Löhne ebenfalls frei durch Angebot und Nachfrage aushandeln
liessen, dann gäbe es keinen Mangel an Arbeitsplätzen.
Schuldig an den realen Wirtschaftsproblemen wären die Arbeitnehmer
die sich organisieren und dadurch ein Kartell bilden. Dadurch würden
sie die Arbeitgeber zwingen, sich ebenfalls zu organisieren. Jetzt werden
die Löhne nicht mehr individuell ausgehandelt, sondern kollektiv für
ganze Branchen. Da die Tarife verbindlich sind, ist eine Anpassung an die
sich schnell wechselnde und unternehmensspezifische Ertragslage nicht mehr
möglich.
Ein Unternehmer der die Löhne nicht senken darf, hat deshalb keine
andere Wahl, als das Angebot an Arbeitsplätzen zu verringern.
Auf der anderen Seite jedoch sollen es genau die Gewerkschaften gewesen
sein, die uns vor dem Kommunismus bewahrt haben, weil sie durch ihre Tarifabschlüsse
das Lohnniveau nach oben drücken und so eine Verelendung der arbeitenden
Massen verhindern. Ihnen verdanken wir den Übergang vom Manchesterkapitalismus
zur Marktwirtschaft. Kombiniert man die Macht der Gewerkschaften mit den
vielen Sozialgesetzen, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt
wurden, dann haben wir heute keinen Kapitalismus mehr, sondern eine soziale
Marktwirtschaft.
Die Gewerkschaften befinden sich demnach in einem Dilemma. Fordern
sie zuviel, werden sie für die Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht.
Fordern sie zuwenig, dann wird das Lohnniveau absinken. Das wäre im
Sinne der Arbeitgeber, weil sich dann die Scherenöffnung von Einkommens-
und Leistungsgefälle sich zugunsten der Besitzenden vergrößert.
Um die Auswirkungen des Verteilungskampfes um das Arbeitsergebnis ab zu
puffern, gibt es noch die Möglichkeit die Finanzmittel durch Kredite
zu beschaffen. Da sie natürlich nicht umsonst zu bekommen sind, vergrößert
sich jedoch die Abhängigkeit von den Eigentümern. Zum sogenannten
Unternehmerlohn kommt die Dividende für die Aktien und die Zinsen
für die Kredite.
Die Nationalökonomen die die Lohnpolitik für die Arbeitslosigkeit
verantwortlich machen, halten zumeist die Dividendenpolitik der Konzerne
und die Zinspolitik der Banken für nicht verhandelbar. Für sie
gibt es nur eine Lohn-Preis-Spirale und keine Zins-Preis-Spirale. Ob die
Dividende "zu hoch" ist, kann nicht erörtert werden, weil dann eventuell
die Frage auftaucht, für was sie bezahlt wird.
Diese Frage gilt als wenig fruchtbar, selbst wenn man darauf hinweist,
dass beispielsweise die Sparkassen oft jahrzehntelang keine Dividende bezahlen
und der Leistungsanreiz der Angestellten dadurch nicht beeinträchtigt
wird. Viele Versicherungen befanden oder befinden sich in westlichen Staaten
im Staatsbesitz und die Arbeitsbedingungen für die Angestellten sind
so geregelt, dass die Versicherungsnehmer nicht bemerken, ob die Versicherung
öffentlich-rechtlich oder privat-rechtlich unter der Kontrolle eines
staatlichen Aufsichtsamtes arbeitet.
Auf dem Finanzsektor gibt es dann noch die Genossenschaftsbanken, bei
denen wohl eine Dividende bezahlt wird, aber in der Hauptversammlung nach
dem Prinzip "Ein Anteilseigner, eine Stimme" abgestimmt wird.
In der heutigen Share-Holder-Ära ist es nicht modern, daran zu
erinnern, dass das Gesundheitswesen, die Bildungsstätten, die Sozialeinrichtungen,
der Linienverkehr, die Wasserversorgung, die Elektrizitätsversorgung,
die leitungsgebundene Gasversorgung, die Telekommunikation, das Rechtswesen,
in der Vergangenheit sehr oft ohne Dividendenzahlungen organisiert wurden.
Da solche Dienstleistungen nicht ausgehandelt werden können, werden
sie durch unterschiedliche Vertragsverpflichtungen angeboten. Die Verträge
zur Abnahmeverpflichtung oder zur Zahlungsverpflichtung von Prämien
oder Zinsen haben unterschiedliche Kündigungsfristen. Damit solche
durch staatliche Aufsichtsämter reglementierten Entgelte leichter
in private Taschen gewirtschaftet werden können, gibt es das Rechtsinstrument
der Forderungsabtretung. Mal abgesehen davon, dass die Kommerzialisierung
von nicht verhandelbaren Dienstleistungen viel Arbeit verursacht, führt
sie auch unweigerlich zur Steigerung der Besitzeinkünfte. Ob diese
Besitzeinkünfte durch Dividenden, Zinsen, Gebühren, Maut oder
den sogenannten Unternehmerlohn oder durch Provisionen oder durch Honorare
verteilt werden, ist dabei sekundär.
Falls der Ruf nach mehr Selbstverwaltung von den Ständen und Verbänden
erhoben wird, deren Leistungsentgelte mangels Qualitätsunterschieden
staatlich genehmigt werden müssen, hat er zumeist Ursachen, die nicht
gesagt, sondern nur kalkuliert werden.
Um das Ungleichgewicht zwischen Besitz- und Leistungseinkünften,
auf dem Wettbewerbssektor nicht zu extrem werden lassen, hat man vor allem
in Europa viele Gesetze für mehr Mitbestimmung und mehr Mitbeteiligung
der Arbeitnehmer erlassen. Die Mitbestimmungsgesetze sind von der Unternehmensgröße
abhängig. Die Mitbeteiligung am Arbeitsergebnis wird oft in Form von
einem 13. und 14. Monatsgehalt oder durch Vermögenswirksame Leistungen
realisiert. Es gab jedoch immer wieder Versuche durch Belegschaftsaktien
oder durch überbetriebliche Fonds die Mitarbeiter zu beteiligen. Der
Gestaltungsfreiheit von idealistischen Unternehmern sind wenig Grenzen
gesetzt. Es sei denn, die Gewerkschaften bremsen diese Bemühungen,
weil ihre Daseinsberechtigung dadurch untergraben wird. Offiziell sagen
sie natürlich nur, sie wollen die Arbeitenden vor dem doppelten Risiko
Arbeitsplatzverlust und Vermögensverlust bei einem Konkurs bewahren
In der Praxis dienen solche Mitarbeiterunternehmen meist dem Ziel,
einen Konkurs zu verhindern. In den Staaten wo die Mittelschicht nicht
so sehr ausgeprägt ist, geschieht das oft durch den harten Kern der
Firma. Management-buyout heisst dann die Rettungsaktion. Ist die kritische
Phase ausgestanden, ist es nur eine Frage der Zeit bis das Unternehmen
wieder in zwei Fraktionen zerfällt. Natürlich macht immer der
die Verteilung der die Macht hat. Aber weshalb sollen die Mitarbeiter am
Produktivvermögen beteiligt werden, wenn es sich für die Eigentümer
nicht rechnet? Solange die Unternehmer ihre Gestaltungsmöglichkeiten
mit Zinsverträgen, Aktien, stimmrechtslosen Anteilen, stillen Gesellschaftern,
Tochtergesellschaften Abschreibungsmodellen, Verlustzuweisungen, Subventionen
und so weiter haben, werden sie überzeugte Anhänger des Produktionsfaktors
Kapital sein.
Sicherlich kann man die Menschen nicht ändern. Die Frage ist jedoch,
inwieweit die Verteilungsprobleme die wir vor uns herschieben, konstante
Begleiterscheinungen unserer Gesellschaft sind, oder ob sie im Laufe der
Zeit eine dramatische Entwicklung nehmen können. Es ist natürlich
schwierig Vorhersagen zu machen, aber die Betrachtung früherer Erfahrungen
und die Entwicklung in anderen Ländern kann sehr lehrreich sein.
Die Grafik zeigt die Bestandteile der Forderungen auf dem Währungsgebiet
der Deutschen Mark seit 1950 zwischen den einzelnen Sektoren. Die Sektoren
sind auf der der nächsten Grafik zu sehen. Die Geldmengen sind im
Vergleich dazu negativ dargestellt.
Im Vergleich zur Summe der Forderungen ist das Bruttoinlandsprodukt
stetig abgefallen. Es betrug wenige Jahre nach der Währungsreform
über 80 % und im Jahr 2000 weniger als 13% der Forderungen. Zwischen
den Jahren 1986 bis 1997 sind auch noch die Zuwächse der Basiswerte
der Derivateverschuldung als Linien eingezeichnet. Seit Einführung
des Euro werden sie nicht mehr gezählt und bekannt gegeben. Laut der
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel betragen die Verpflichtungen
aus derivativen Kontrakten im Durchschnitt nur wenige Prozent der Basiswerte.
Zumindest solange diese Sparte sich im Wachstum befindet, dürften
die Verpflichtungen daraus für die Kontrahenten noch finanzierbar
sein.
Die gleichen Forderungen und Verpflichtungen sind hier aufgeschlüsselt nach Sektoren. Im positiven Bereich befinden sich die Summen der Forderungen der einzelnen Sektoren und im negativen Bereich die Verpflichtungen der Sektoren. Als Linien sind wieder die jährliche Veränderung (Zunahme) in % und die Gesamtsummen in Beziehung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) eingezeichnet.Während die Verschuldung für den Wohnungsbau und Wohnungskauf am ehesten zu rechtfertigen ist und diese Kredite gut abzusichern sind, sieht es für die anderen Sektoren schon zweifelhafter aus. Die Abhängigkeit der Produktionsunternehmen von den Banken soll Defizite ausgleichen, die letztlich durch den Verteilungskampf zwischen Kapital und Arbeit entstehen. Der Staat leistet ebenfalls seinen Beitrag zur Verringerung des Geldmangels durch Ausgabe von Wertpapieren. Den größten Teil der Verpflichtungen tragen natürlich die Finanzinstitute um als Geldgeber am Arbeitsergebnis partizipieren zu können. Die Relation volkswirtschaftliche Verschuldung zu volkswirtschaftlicher Leistungsfähigkeit hat sich offensichtlich über 50 Jahre nach der Währungsreform noch nicht eingependelt.
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